Straftäterverwechslung
Geschehen, als ich ca. 21 Jahre alt war: Meine damalige Freundin kam heulend aus dem Schlosspark Charlottenburg zurück. Ein Mann habe sie onanierend verfolgt. Strafanzeige wollte sie trotz ernstlichen Zuredens nicht erstatten.
Einen oder einige Tage später (ich erinnere es
nicht mehr) waren wir gemeinsam im Schlosspark. In etwa 100 Metern Entfernung
gesellte sich ein Mann zu einer jungen Frau auf die Liegedecke. Meine Freundin
war sich "absolut sicher", dass es der Mann sei, der sie sexuell
belästigt hatte. Ich fragte sie wiederholt, ob sie sich sicher sei.
"Absolut sicher."
Anstatt die Polizei zu holen - Handys gab es noch nicht, und ich war auch noch
nicht aus der Selbstjustizphase heraus, ging ich auf den Mann zu und packte ihn
mir. Er schrie erbärmlich und leugnete die Tat, es sei vielleicht sein
Zwillingsbruder gewesen. Die Frau auf der Decke war sichtlich erleichtert und
seine Ausrede so bescheuert, dass eigentlich nur ein gemeinsamer Tauchgang im
nahen Schlossteich sinnvoll erschien. Dort nicht ganz angekommen, rief meine
Freundin, dass da in einiger Entfernung ein anderer Mann "komisch"
sei, der ganz genau so aussehe. Tatsächlich. Und der flüchtete sofort. Ich
ließ den einen Strolch los und rannte dem anderen hinterher, aber dem gelang
durch halsbrecherische Straßenüberquerung die Flucht. - Der andere war auch
weg.
Nun hätte ich Anzeige erstatten können, denn ich hatte beide ausreichend gesehen, um sie wiedererkennen zu können. Dass es der Polizei unbekannte Strolche sein könnten, schien unwahrscheinlich.
Aber: Ich war geschockt. Selbstjustiz mit Fehlerpotential, das ich für "unmöglich" gehalten hatte.
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