Von: Rabanus
Gesendet: Donnerstag, 25. Februar 1999 02:15
Betreff: Bubis widersprach unserer Kampagne

E-Mail: johannes.rau@spd.de     Berlin, den 24.Februar 1999

 Sehr geehrter Herr Rau,

die Bubis-Kampagne sollte unseren Hoffnungen auf die Wiedervereinigung mit dem
deutschen Judentum
einen demonstrativen Rahmen geben.

Dass Herr Bubis seine Nominierung ablehnt, ist seit Jahren bekannt, hätte aber noch
nicht der Sinnhaftigkeit dieser Initiative entgegengestanden.

Indes widersprach uns Herr Bubis sinngemäß wie folgt:

  1. Dieses Staatsamt setze eine Qualifikation voraus, die Herr Bubis meint, nicht für
    sich in Anspruch nehmen zu können.
  2. Die Nation werde durch eine solche Kampagne schädlich polarisiert.
  3. Sie, Herr Rau, sind eine "Persönlichkeit, die alle Voraussetzungen, auch was das Verhältnis Christen/Juden angeht, mitbringt, um das höchste Amt im Staate auszufüllen." (Zitat Post v. 21.02.1999)  

In Anbetracht solch klarer Ermahnung verbietet sich uns aus Hochachtung vor
Herrn Bubis und Ihnen die Durchführung der Medienkampagne und wir werden uns
nach Ihrer Wahl auf die Dokumentation des gescheiterten Projekts in der Weise
beschränken, dass wir im Internet nur unsere eigenen Briefe veröffentlichen.

So kann es keinen Negativeffekt hervorrufen, sondern bliebe ein bescheidener
Gedankenbeitrag in einer für Wahlvorschläge offenen Demokratie.

Gleichwohl geht es um eine wesentliche Frage für unser nationales Selbstverständnis
und wir hoffen, dass Ihre Amtszeit spürbare Fortschritte bewirkt - nicht nur auf der
Ebene der hohen Politik, sondern auch im Bewusstsein der Allgemeinheit.

Die Überlebenden des Holocaust und die künftigen Generationen deutscher Juden
müssen wieder den Platz in unserer Mitte einnehmen können, der durch den Rassenwahn
unter faschistischer Herrschaft geraubt wurde.
Es ist aber bittere Realität, dass heute mehr Polizeischutz für jüdische Einrichtungen
erforderlich ist als in der gesamten Nachkriegszeit.

Werden Sie bitte zu dem Bundespräsidenten, der diese Tendenz umkehrt! Wir wünschen
Ihnen den Mut und die Kraft zur Konfrontation mit solchen Politikern, denen die deutsche
Geschichte nicht hinreichend Verpflichtung zum Handeln ist.

Ihre Beliebtheit diene dem Zweck! - In dieser Reihenfolge. Sie haben unser Vertrauen.

Mit den besten Wünschen

markus sebastian rabanus
- Offener Brief 99 - sinngemäß protokoll 24.02.99  

p.s. Dieses Schreiben und der beiliegende Offene Brief an alle Parteien wurde
bereits mit vielen Vertrauten diskutiert und oftmals geändert.
Es herrschte Einigkeit, dass Sie für das Amt, das Ihnen so sicher ist, geeignet
sind.
Es herrschte hingegen große Sorge, dass die Nominierung von Ignaz Bubis
antisemitische Ressentiments wecken könnte, weil er für das wohlhabende
Judentum stehe. In der weiteren Kampagnenvorbereitung wurde jedoch klar,
dass diese Sorge nicht bewirken darf, dem Antisemitismus nachzugeben.
Es kommt dann eben wirklich darauf an, wie sich die neue Regierung und alle
Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft zur deutschen Geschichte, zum
Judentum in Deutschland stellen.

Der Holocaust verpflichtet uns alle, für die Juden, die ermordet oder aus
unserer gemeinsamen, deutschen Heimat vertrieben wurden, zu sprechen.
Die Stellvertretung darf nicht anmaßend sein, also immer nur so, dass jeder
einzelne Jude selbst entscheidet, was ihm nach der geraubten Synthese
mit Deutschland noch möglich ist. Aber Deutschland ist zum Angebot
verpflichtet, welche innen- oder außenpolitische Antwort auch immer zu
verkraften ist.


Brief an Bubis: KLICK
Brief von Bubis an das Internet-Journal: KLICK

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Brief von Rau an das Internet-Journal: KLICK

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