Lieber
Florian, unter dialoglexikon.de/diplomatie.htm lege
ich dar, wie wichtig Diplomatie ist & was sich völkerrechtlich ändern müsste,
um der Diplomatie die Vorfahrt zu sichern, denn oft werden ausgerechnet dann
der "Abbruch diplomatischer Beziehungen" prahlerisch verkündet,
wenn Diplomatie am dringlichsten wäre.
Deine Forderung nach "moderierten Gesprächen" ist richtig, aber genügt
ebenfalls nur, wenn die Moderierten ihre Interessen gewahrt sehen und keine
Interessen im Hinterkopf haben, die das Vereinbarte zunichte machen.
Am Beispiel des Nahost-Konflikts:
Es hat mir den Anschein, dass ein Abkommen mit Abbas nicht genügenden Rückhalt
unter den Palästinensern hat, so dass auch mit der Hamas verhandelt werden müsste.
Aber solange die Hamas die Auslöschung Israels in der Programmatik hat, also
nicht das von der UNO nun'mal gewährte Existenzrecht Israels akzeptiert,
solange wird mit der Hamas darüber zu streiten sein, dass ihr religiös verbrämtes
Auslöschungsanliegen völkerrechtswidrig ist.
Und deshalb genügt es auch nicht, dass die Hamas einen "15-jährigen
Waffenstillstand" versprach, denn jeder Israeli müsste befürchten, dass
die Hamas sich derweil nur rüsten wolle, um dann die Auslöschungsprogrammatik
zu erfüllen.
Auf der anderen Seite die israelische Regierung, die trotz Aufforderung des
Nahost-Quartetts nicht darlegt, wo es sich seine finalen Grenzen vorstelle.
Israel ist tatsächlich ein Staat, der sein Staatsgebiet überhaupt nirgends
definiert, sondern noch immer mit verharmlosend genannter
"Siedlungspolitik" fortlaufend & zulasten von Palästinensern
erweitert.
Was also brachten die "moderierten Gespräche" für den Frieden?
Allenfalls zwischendurch Hoffnungen, wenn bei Abkommen von
"Durchbruch" die Rede war, aber die Abkommen wurden nicht
eingehalten.
Der Grund für das Versagen der Abkommen ist ganz einfach, dass sie für den
Fall der Nichteinhaltung nichts an Sanktionen enthalten.
Solche Abkommen sind dann aber keine gescheiten "Verträge", sondern
bloß "unverbindliche Absichtsbekundungen".
Deshalb: Wenn Diplomatie zwischen Konfliktparteien nichts zu Wege bringt, dann
müssen es die Vereinten Nationen durchsetzen - und zwar erforderlichenfalls
auch mit Gewalt, sonst bleibt es folgenloses Betteln, sich doch bitte an das Völkerrecht
zu halten.
Nur wenn das von mehr und mehr Menschen begriffen würde und eingefordert,
kann es in solche Richtung gehen.
Aber zu viele Menschen gefallen sich in Heldenbildern, einfach bloß auf der
Seite kleinerer Übel zu stehen.
Trotzdem noch ganz kurz vorab: Wenn ich schrieb, dass meine völkerrechtlichen Auffassungen weder West noch Ost gefielen und auch nicht den Völkern, so besagt das nicht, dass meine rechtlichen Auffassungen "falsch" oder isoliert gewesen wären, denn die Rechtswissenschaft unterscheidet sehr oft zwischen "Herrschender Lehre" und "Herrschender Rechtsprechung".
Auch Forschung & Lehre sind "unabhängig" mit Verfassungsrang (in Art.5 GG), wenngleich ebenfalls niemals so unabhängig von politischer Macht und Geldtöpfen, wie es sich idealistische Wissenschaft wünscht, aber immerhin können sich Völkerrechtlier in Begutachtung internationaler Konflikte mehr an Kritik gegenüber der Politik leisten als es das Bundesverfassungsgericht bspw. hinsichtlich unserer NATO-Mitgliedschaft und Atomwaffen tut.
So ist sich die "Herrschende Lehre" entgegen Bundesregierung darin einig, dass die NATO kein "System kollektiver Sicherheit" darstellt, also gegen Art. der UNO-Charta