Volksgemeinschaft  [ Antwort schreiben | Forum ]
 
von Mönch am 30.Nov.2003 12:00 
(Überschrift und Formatierungen stülpte Sven eigenmächtig über)

Madel,

Du kannst mich bewundern, Du musst mich verstehen!
Ich will Dir nicht abverlangen, mich zu mögen...
 
Im Begriff 'Volksgemeinschaft' ist das Volk nur Attribut, das Substantiv ist die Gemeinschaft. Die beschwörende Verdopplung -
als schlösse der Begriff 'Volk' den der Gemeinschaft nicht ohnehin ein - verrät einerseits Zweifel an der Berechtigung, die von Konjunkturzyklen und vom Sog der großen Fabrikzentren umhergewirbelte und zusammengewürfelte Bevölkerung industrialisierter Länder als Volk zu bezeichnen; die Wortbildung drückt andererseits aus, dass das Volk bloß der nebensächliche und auswechselbare Vorwand für die Hauptsache ist, nämlich die Gemeinschaft. Gemeinschaft schlechthin oder schicksalhafte, unkündbare Verbundenheit und distanzlose Nähe ist aber unter der Voraussetzung, dass die einzelnen nicht mehr Zwangsmitglieder eines Stammes, einer Kaste oder eines Standes sind und deshalb das Recht haben, sich in Parteien, Vereinen, mit Freunden oder Gleichgesinnten frei zu assoziieren, nur als Ausnahmezustand möglich. Das Fronterlebnis im Schützengraben, die Erfahrung, dass unter dem trivialen Aspekt ihrer Verwundbarkeit durch herabhagelnde Granaten betrachtet, alle Menschen gleich sind, war bekanntlich der Ursprung der deutschen Gemeinschaftsideologie. Gemeinschaft, die Gleichheit nicht als gleiches Recht aller, ihre Verschiedenheit zu entwickeln, sondern als nivellierende Reduktion der einzelnen aufs Elementare durch äußere Elementargewalt zur Bedingung hat, ist nur ein anderer Name für FREMDENHASS. 

Im Krieg gegen das Ausland entdeckten die deutschen Soldaten die Wohltat des Verlustes von Distanz und Differenz zwischen den Einzelnen - Merkmal jeder Zivilisation. Umherwatend im gleichen Schlamm, eingehüllt in den gleichen Gestank von Latrinen und verdreckter Kleidung, denselben Entbehrungen. Strapazen und Gefahren ausgesetzt, wurden die einzelnen einander ähnlich. Diese Entwürdigung und Quälerei als Gemeinschaftserlebnis genießen zu können, setzt Leute voraus, die außer ihrer kreatürlichen Bedürftigkeit nichts gemeinsam haben, denen alle Zivilisation, alle Kultivierung und Humanisierung des kreatürlichen fremd und verhasst ist und dies deshalb lieben, sich in den Zustand bloß noch kreatürlicher Bedürftigkeit zu versetzen. Zur Ausnahmesituation, der die Gemeinschaft entsprungen ist, führt das Verlangen nach ihr daher unweigerlich zurück.

Du gehörst zwar zum Volk, bist aber austauschbar, und das ist auch gut so!

Anm. von Sven: Im Unterschied zu normalen Mönchen predigt unser Mönch in den Verständniswelten  unserer Gemeinde, in der manch braunes Schaf zu beklagen ist. Das Normal-Schaf würde sich den Appell zum Guten genügen lassen. Das Braun-Schaf ist jedoch von Trutzigkeit beseelt und braucht es andersrum.  Da macht es Sinn, es in solcher Weise anzusprechen - "und das ist auch gut so!"

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