Juden und Israel

Häufige Frage an uns - und nicht nur von Antisemiten:  

"Was haben Juden mit Israel zu tun?"

Versuch einer Antwort mit drei Teilen:

1. Da ich das Jüdische als Religion betrachte, haben Juden prinzipiell nicht mehr mit Israel zu tun als jeder Christ oder Muslim mit Israel zu tun hat.  

Trotzdem wird jeder Jude danach gefragt und sogar dafür verantwortlich gemacht, was in und um Israel geschieht - als wenn es einen Dortmunder Juden mehr anginge als einen Dortmunder Atheisten.
 
So werden die Juden weltweit mit Israel in Verbindung gebracht, als wäre Israel ein "Vatikan der Juden", was es jedoch im Judentum im Unterschied zur katholischen Kirche nicht gibt.

2. Einzig zutreffend ist, dass das Judentum viele seiner Ursprünge in der Region Israels hat, was jedoch prinzipiell keinen Juden zum Israeli macht, wie umgekehrt auch keinen Israeli zum Juden.

Aber der immer wieder aufflammende Antisemitismus in vielen Ländern ließ Israel zum staatlichen Ort jüdischer Zuflucht werden. 

Dass also
"Juden etwas mit Israel zu tun haben", liegt einzig in der Verantwortung von Antisemiten und zu NULL Prozent in der Verantwortung von Juden.

3. Die Juden werden sich vermutlich nur in dem Maße von solch aufgedrängter und unzulässiger  Kollektivverantwortlichmachung emanzipieren können, wie zwei Entwicklungen gelingen:

a) Fortschritte im Nahost-Friedensprozess, denn der israelische Staat wird sich von religiösem Einfluss nicht emanzipieren können bzw. emanzipieren wollen, weil sich in Konflikten noch jeder Staat durch Religion oder Ideologien zu stärken versucht,

b) nachlassender Antisemitismus weltweit, damit Juden Israel nicht länger als Zuflucht brauchen und Israel endlich werden kann, was es werden sollte: ein Staat friedenserfahrener Menschen in einer friedlich funktionierend multikulturellen Gesellschaft. 

Solange aber Israel vor allem Fluchtpunkt von Diskriminierten und Verfolgten ist, 
solange Israel nicht als Teil einer gemeinsamen arabisch-israelischen Region akzeptiert ist, 
solange wird Israel auch der multikulturellen Gesellschaft im Innern misstrauen und vieles falsch machen, was wiederum den Fortschritt des Friedens behindert.

Wer diese Dinge nicht im Kontext sieht und Israel die Garantien verweigert, die es in der Angegriffenheit seit seiner Gründung braucht, der kann Israel keinen "Frieden bringen", sondern soll mit dem Wunsch scheitern, die Geschichte bis 1947 zurückzudrehen, was ohnehin nicht geht - und wenn, dann nur scheinbar, indem nur  weiteres Unrecht entsteht.

Doch weil ich weiß, dass die Dummen und die Schlauen für jeden Konflikt einen Sündenbock brauchen, will ich ihn gleich noch benennen:

Schuld an der Entstehung des Nahost-Konflikts sind die RÖMER :-)  Nein, das nutzt heute nichts mehr.

Aber ich würde spekulieren, dass die maßgeblichen Staaten, die den Juden und der UNO gegen den erklärten Willen der arabischen Staaten die Gründung Israels schmackhaft machten und durchsetzten, besser daran getan hätten, diese Staatsgründung mit kollektiver Macht nach innen und außen zu verteidigen und zu begleiten. 

Beide Staaten, Palästina und Israel hätten unter Schutz und Kontrolle der UNO zu multikulturellen Demokratien entwickelt werden sollen. Dann wären "die Juden" und die Palästinenser nicht in die Konflikte geraten, in die sie geschickt wurden und/oder sich schicken ließen.

Da wurden Chancen vertan für die gesamte Region und da wurden Widersprüche verschärft, die es ohnehin zwischen dort lebenden Juden und Muslimen gab UND zwischen der westlichen und der arabischen Welt, der muslimischen und der christlichen dazu - mit jeweils spezifischen Problemebenen.

Doch all das ist "Geschichte" und viel darüber Spekulation.  Und heute?  >> KLICK

sven20031224                DISKUSSION

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