Hundertwasser-Urteil  14.6.2003

oder die "Asoziale Kunst"

In der vergangenen Woche wurde bekannt, dass Hundertwasser-Erben für sich juristisch in Anspruch nehmen, dass niemand ohne Lizenz ein Kalenderblatt mit fotografierten Bauwerken von Hundertwasser vermarkten dürfe. Das "erkennende" Gericht gab den Erben recht.

Durch solche Urteile wird Kunst (= in diesem Fall kunstvolle Architektur) asozialisiert, indem es mit weiteren Sonderrechten behaftet wird. Absolut paradox: städtischer Raum wird beansprucht, aber optisches Allgemeingut wird Architektur nicht?

Neulich stand ein Fotograf vor meinem Haus und lichtete unsere kunstvolle Stuckfassade ab. Ich ging hinaus und fragte ihn interessehalber nach dem Zweck. Er werde es auf seiner Webseite präsentieren, wenn es gelinge. Gleich noch fotografierte er die Vorgarten-Birke gegen den Himmel, weil ihre Blätter so schön sonnendurchflutet seien. Soll ich ihm das Veröffentlichungsrecht nehmen dürfen, wenn ich die Birke gepflanzt habe? 

Was stellen die Gerichte mit dem Urheberrecht an?  Ich bin gegen solch ausufernde Rechtsprechung und Eigentumsanmaßung. Wenn Kunst im öffentlichen Raum wie Kunst im Wohnzimmer betrachtet sein soll, dann soll sie sich in das Wohnzimmer verkrümeln, aber die Menschen über und über zum Lizenznehmer und Mieter der Welt zu degradieren, danach steht mir nicht der Sinn. 

Auch Christows Reichstagsverhüllung ging nicht ohne solche Lizenzen her. Das hätte er mal groß draufschreiben sollen auf sein Kunstwerk. Den Bewunderern wäre die Bewunderung rasch vergangen. Aber im Kleingedruckten steht eben die Wahrheit.

Abschließend eine Frage an die Finanzämter im Hundertwasser-Fall: Wie wurden diese Verwertungsrechte bei der Bemessung der Erbschaftssteuer berücksichtigt? Sollte man da nicht noch etwas nachbessern?

Eigentlich bin ich gegen ausufernde Erbschaftssteuern, aber wenn ich sehe, dass Erben unter Beihilfe von Gerichten asoziale Gier entwickeln, dann bin ich sogar für Enterbung zu haben. 

sven

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