Gottes Güte

 
Verfasst am: 27.10.2004 01:50    Titel: Ist Gott "allgütig"? Antworten mit Zitat 

Menso hat folgendes geschrieben::
du machst das Thema zur moralischen Frage. Es ist eine rein logische Frage.

Wir sprechen hier über Ethik, Religion usw. Solchen Themen ist im Unterschied bspw. zur Mathematik eigen, dass ihre Logik notwendig moralisch ist oder sie wäre fehlschlüssig, unbrauchbar. >> www.inidia.de/philosophie.htm

Menso hat folgendes geschrieben::
Allmacht und Allgüte stehen im Widerspruch mit dem Leid. (X ist allgütig=X will, dass es kein Leid gibt)

So scheint es, aber je mehr ich damit umgehe, desto weniger scheint es zwingend unvereinbar zu sein. Allerdings sollte man im Leben mit meinen nachstehenden Glättungen vorsichtiger sein, denn was sich theoretisch reimt, kann in der Praxis oftmals nicht reichen.
So war mir die Mauer "notwendig", aber eben nur zum längeren Erhalt sozialistischer Erbärmlichkeit im Wettstreit mit dem Nachbarn. - Solch Fehler mag ich nicht wiederholen und wenn versehentlich, dann sei genügend gewarnt.

Vorab: Welcher Bibelsatz veranlasst Dich zu der Prämisse, dass der biblische Gott "allgütig" sei und ohne Kontradiktion, obwohl diese schon mit "gerecht" ihren Anfang nimmt?

Gerade weil ich im Unterschied zu Deinem Bibelverständnis nicht von eindimensionaler Allgüte ausgehe, schrieb ich www.inidia.de/supergott.htm

Menso hat folgendes geschrieben::
In der Analogie bin ich ganz unabhaengig vom Chef. Kann der Chef dafür, dass ich den Computer zum Fenster hinausgeworfen habe? Natürlich nicht.

Falsch, denn lasse ich Dich nicht ins Büro, so könntest Du es nicht tun usw. Und natürlich "kann der Chef dafür", aber Du kannst Dich damit nicht rausreden, sondern bleibst in der Verantwortung, wirst gekündigt und verklagt.

Menso hat folgendes geschrieben::
Meine Neigung zum Hinauswerfen von Computern war schon gegeben, bevor mein Chef mein Chef war.

Wann trat es erstmalig auf? Vorher waren Deine Chefs Deine Eltern.

Menso hat folgendes geschrieben::
Ich und mein Chef leben parallel nebeneinander, ohne voneinander abhaengig zu sein.

Das bilden sich Kinder, Angestellte und Chefs oft irrtümlich ein.

Menso hat folgendes geschrieben::
Diese Neigung hat etwas anderes als er vorbestimmt.

Na, dann finde mal die "Vorbestimmung", wenn Du Dich nun erinnerst, dass Du nicht an Gott glaubst.
Löse mir das Rätsel, wo die "Logik" in Deiner "Vorbestimmung" ist, wenn Du Dir den freien Willen wegdenkst, indem Du ihn zum Teil der "Vorbestimmung" machst.

Menso hat folgendes geschrieben::
Ich bin hier der Mensch, und der Chef ist Gott. Was fehlt also? Die Tatsache, dass der Chef mich geschaffen hat.

Der Chef stellte Dich ein, ließ Dich an den Computer, ... sollte er Dir nun noch den Willen festlegen? Gewiss sind manchem Chef Willenlose lieber, anderen wiederum nicht und wo kein freier Wille gebraucht wird und die Geschicklichkeit von Computern und Robotern genügen, gehen die Arbeitsplätze verloren.
Vielen kommt es auf die Willensfreiheit nicht an. So kaufen sie Autos, riesige Gummipuppen - und sind glücklich damit. Mir scheint hingegen für die Liebe der freie Wille die beste Wahl. Ich nehme es dafür gern in Kauf, dass der freie Wille sich zuweilen versagt. Andere halten es nicht aus.

Ich könnte also einen "Gott verstehen", der auf den freien Willen besteht, auch wenn er mit Leid und Ungerechtigkeit einher geht, so sehr ich es zu verhindern versuche.

Der "perfekte Mensch" ist mir, der danach strebt und vorwärts kommt. Würden die Menschen hingegen sämtlich die 100 Meter in 0,0 Sekunden laufen, so ginge das Interesse für den Wettbewerb verloren. Um diesen Wettbewerb allein wäre es nicht schlimm, aber wenn es nun so mit allem wäre, schon eher.

Der "perfekte Mensch" ist mir nicht, wer nichts mehr bessern kann, weil in einer "perfekten Welt" schon alles erledigt wäre und jede Bewegung nur noch wie schönstes Lichterspiel in Harmonie mit Geräusch und warmen Sommerwind. Allenfalls Ausflug in solche Welt, doch dafür reichen mir meist Traum und Phantasie.

Dir scheint nichts zu gehen unterhalb der Perfektion. - Macht nichts, aber projiziere es nicht, denn der Mensch ist dem Menschen so gleich wie verschieden und entsprechend auch seine Vorstellungen vom Ideal.

Schon der Mensch kommt ganz und gar nicht so zur Welt, wie es schmerzenlos wäre und ihn leben ließe ohne betreute Entwicklung. Und auch das ist Gelegenheit zu Liebe und höchstem Glück nach den Schmerzen, auf die man gern verzichtet hätte, aber viele auch nicht, weil er Teil ihres Maßstabs ist für das, was ihnen Lohn ist.

Nicht anders der Tod. Eben nicht immer nur Qual, sondern auch Müdigkeit vom Ganzen, Erlösung. Das "perfekte Leben" ist mir solches, das darin nicht vor der Zeit aus sich heraus müde wird und vergeht.

Sicherlich, ich schrieb www.inidia.de/supergott.htm , aber überlegte ich mir all das richtig?
Ich sähe den Menschen gern das Leid erspart, aber wenn es wirklich und immer abgewendet wäre, was würde dann aus dem Menschen? Wäre der Mensch sicher, ewig in Liebe und Wonne zu leben, so würde er vielleicht nach nichts mehr streben, was ihm die Liebe und Wonne verdient. Er würde vielleicht mehr und mehr verwildern und schlimmer: verblöden, veröden. Die Perfektion wäre am Ende nur Einerlei.
Das macht mich so skeptisch gegen Paradiese, für die ich deshalb nur in meiner Gewissheit ihrer Unerreichbarkeit mit solcher Gewissheit streiten kann.

Wie sieht Dein Alternativ-Entwurf zu meiner Mutmaßung oder zur religiösen Erwartung aus? Was wäre Deine "allgütige" Welt? Dann kann ich sie miteinander vergleichen und mir eine Meinung bilden, welche mir "gütiger" wäre.

Mir genügt also zum Streben nach mehr viel weniger und dazu mache ich immer wieder kleine Pläne. Sie scheinen mir erreichbar mit freiem Willen und mit etwas Verstand, aber ich habe offenbar nicht genügend Verstand, dass sie mehr als mich überzeugen www.worldrevolution.net :-)

Menso hat folgendes geschrieben::
Du gehst davon aus, dass der Mensch mit freiem Willen so sein muss, wie er ist, er könnte nicht anders sein.

1. Was wäre Dir dazu die Alternative? Wenn Dir doch die "Vorbestimmung" den freien Willen umfasst.

2. Und so sieht mein Menschenbild nicht aus, denn der Mensch sollte "anders sein" und anders entscheiden, als er es häufig aus freiem Willen tut, weil er häufig ohne Vernunft ist. Die Frage könnte sein, warum Gott, wenn es ihn und allmächtig gäbe, den Menschen nicht vernünftiger machte.
Aber bei Nähe besehen zeigt sich, dass auch die Intelligentesten im höchsten Maße versagen, indem sie im Ansinnen egoistischen Vorteils für Milliarden z.B. Raketen und Rüstungen bauen, aber keinen Plan präsentieren, die Welt mit Vernunft zu befrieden.
Im Gegenteil, denn sie haben sich die Welt so organisiert, dass viele der Supergescheiten und Reichen am Frieden verlieren und deshalb lieber und bewusst auf die Unvernunft von Ungerechtigkeit und Gewalt vertrauen.

Und die vielen Milliarden weniger Gescheiten, weniger Reichen? Sie unterscheiden sich nur in den Dimensionen, nicht aber in den Proportionen von sozialer und egoistischer Vernunft, die sich vielen nur von Unvernunft unterscheidet, indem eintritt, was sie sich selbst verspricht.
Sobald für die Vernunft maßstäblich ist, sowohl sozial wie individuell verträglich zu sein, käme sie ohne Moral nicht aus.

Wir sehen es gerade in diesen Tagen wieder. Z.B. in der Frage, ob Deutschland 25.000 "Hochqualifizierte" aus Ländern wie Indien importieren soll, um Deutschland Wettbewerbsfähigkeit, Arbeitsplätze und Wohlstand zu sichern, als wenn es nicht viel dringlicher in Indien wäre, aber der nationalistischer Egoismus Deutschlands und der individualistischer Egoismus solcher "Hochqualifizierten" werden von ausreichender Eigendynamik = Logik sein, die mir im Widerspruch steht, folgefalsch ist zu den Anforderungen an eine Gerechtigkeit schaffende Politik.

Menso hat folgendes geschrieben::
Die Unmoral folgt nicht aus dem freien Willen.

Woraus dann? Es ist das Lied der Schurken, dass sie so tun, als habe sie jemand gezwungen = Schurkenmoral.

Menso hat folgendes geschrieben::
Es gibt zwischen Unmoral und freiem Willen keine logische Verbindung.

Das ist nur für den Irrtum richtig. Ansonsten meist falsch, denn oft gibt es viele, wirkungsähnliche u. alternative "logische Verbindungen": Gangschaltung, 5 vorwärts, 1 rückwärts, manchmal auch mehr.
Und die Mechanik von Auto-Getrieben ist noch vergleichsweise simpel zum Denk- und Schaltvermögen des menschlichen Hirns.

Menso hat folgendes geschrieben::
Wenn Gott unmoralische Menschen geschaffen hat, warum wundert er sich, dass sie unmoralisch sind?

Wenn es Gott gibt, wie kommst Du darauf, dass er sich wundert?

Wenn Du ein Kind willst und bekommst, willst Du dann ein unmoralisches?

Und wenn es später mordet, bist Du dann "kausal"?

Manche Kausalitätslehren sehen es so (Äquivalenztheorie), aber können nicht gelten, weil sie trotz all ihrer Logik (Ursache-Wirkung) zu unsinnigen Ergebnissen führen.

Man wird allenfalls schauen, ob Du es verdorben oder angestiftet hast. Hast Du es moralisch erzogen, es sich aber unmoralisch entwickelt, was sich nicht ausschließt, weil der Mensch nicht nur Mechanik ist, dann ist Dir kein Vorwurf zu machen. - Also auch Gott nicht, denn er wollte den aus freiem Willen moralischen Menschen wie auch Du ein aus freiem Willen moralisches Kind, das weder Maulkorb noch gebundene Hände braucht.

Menso hat folgendes geschrieben::
Wenn der christliche Gott Jesus hat schaffen können, der immer gut war, und auch freien Willen besaß, ...

Na, wieder solch eine Prämisse, die zumindest meinerseits bestritten ist, denn ich sehe den überlieferten Jesus längst nicht als "immer gut" an, sondern in Zweifel und Zorn geratend, wenngleich auch immer um Nächstenliebe bemüht und dafür werbend als höchstes Gebot.

Es ist mir eine Schwäche vieler Christen, dass sie ihr Bild von Jesus so sehr der Menschlichkeit entrücken, vielleicht weil sie denken, sie würden ihn lästern, wenn sie Gottes Menschensohn mit zu viel menschlichen Eigenschaften behaftet sehen und ihn nicht trotzdem lieben könnten, obwohl doch Liebe gerade auch das ermöglicht.

Menso hat folgendes geschrieben::
... freien Willen besaß, warum hat er doch nicht alle Menschen so schaffen können?

Vielleicht, weil nicht alle Frauen so aussehen sollen wie Claudia Schiffer? Obwohl dann vielleicht weniger Konkurrenz zwischen den Frauen wäre oder mehr?
Vielleicht, weil Jesus eine besonders schwere Aufgabe hatte und besser sein musste, um sie zu bestehen?

Wenn Du Dir Gott allmächtig vorstellst, wie es viele Religiöse tun, warum willst Du ihm vorschreiben, was er zu tun und zu lassen hat?

Wenn Du Dir Gott allgütig vorstellst, wie es viele Religiöse tun, warum bestreitest Du ihm die Güte, wenn Du nicht wissen kannst, was letzten Endes der Lohn ist?

Wenn Du Dir Gott gar nicht vorstellst, weil Du ungläubig bist, warum willst Du ihn dann des Leides beklagen, aber des immerhin versprochenen Lohnes nicht für ehrwürdig halten. - Auch "religionsimmanente" Kritik solcher Art macht keinen Sinn.

Achte darauf, was Du tust, achte darauf, was Religiöse tun, dass niemand ohne Not beleidigt oder sonstwie beschädigt wird. Aus freiem Willen. Dann ist es Moral, ansonsten wäre es aus Gesetz und notfalls mit Zwang, was ebenfalls nicht unmoralisch ist, wenn das Gesetz Resultat freien Willens und rücksichtsvoller Vernunft ist und ebenso auch der Zwang zu allem verhältnismäßig. - Klingt kompliziert, ist es meist nicht, weil der Mensch eben viel schlauer ist, als er sich oft anstellt.

Und eine gute Nacht wünsche ich Dir!

Grüße von Sven
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