Friedensbewegung als Sicherheitsbewegung

Originaltitel und Link:  Sicherheitsbewegung = Friedensbewegung 

#1 von Richard Maxheim , 12.09.2017 19:36

    „Es kann der Frömmst nicht in Frieden bleiben, wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt.“

Dieses Zitat aus Schillers Wilhelm Tell, vom Dichter auf private Nachbarschaftsstreitigkeiten gemünzt, wurde immer wieder gerne von Befürwortern nationaler Militärapparate bemüht, um die eigene Wehrhaftigkeit gegenüber böse Nachbarvölkern oder -staaten zu begründen. Dass man dabei selbst der böse Nachbar der anderen sein könnte, kam den wenigsten in den Sinn. Man sollte sich einfach gegen irgendwen irgendwann wehren können. Daher die Reichswehr, die Wehrmacht, die Bundeswehr. Und um sich richtig streiten zu könnte, brauchte es Streitkräfte. Damit das auch immer schön so bleiben konnte, wurden den Jungen von den Alter die Erbfeinde vererbt.

Der Begriff Nachbar kommt von Nahe-Bauer, also jemand, der sein Anwesen nahe an das eigenen Terrain gebaut hat. Und wie die Menschen nun mal sind, kommt es dann nicht selten zu Interessenkonflikten, die in offenen Streit ausarten. Nun wurden die Nachbarschaftsregeln im Laufe der Geschichte so weit durch Gesetze zivilisiert, sodass es kaum noch vorkommt, dass sich benachbarte Kontrahenten im Streit gegenseitig die Schädel einschlagen. Wenn es dennoch geschieht, werden die Übeltäter von der Justiz bestraft. Alternativ zur Selbstjustiz steht allen Streitenden der Rechtsweg offen. Damit das so bleiben kann, haben wir die Polizei.

Was im Kleinen geht, kann auch im Großen funktionieren. Dafür gibt es in den internationalen Beziehungen bereits genügend Beispiele, vorneweg die Europäische Union. Da kommt es nach wie vor zu Streitigkeiten, aber es werden keine Soldaten mehr aufeinander gehetzt. Man bedenke doch nur, was vor 100 Jahren in Europa und darüber hinaus los war! Es geht auch anders. Und das muss auch global so gemacht werden, wenn die Menschheit die nächsten 100 Jahre überleben will. Die Welt ist heute durch Verkehr, Handel und Kommunikation so weit zusammengewachsen, dass die Nachbarn nicht nur an unser Land grenzen. Sie sind überall auf dem Globus. Die Welt ist eine einzige große Nachbarschaft geworden. Wir brauchen dringend verbesserte transnationale Strukturen, um das friedliche Zusammenleben in der Weltgemeinschaft zu garantieren. Das Zauberwort heißt UNO-Pazifismus.

Es geht dabei schlicht und einfach darum, die trügerische Sicherheit mittels eigener Rüstung und Streitkräfte durch ein effektives, globales Sicherheitssystem zu ersetzen. Es gibt viele Probleme, welche den Weltfrieden ständig stören. Der souveräne nationale Selbstschutz ist das größte, besonders dann, wenn Massenvernichtungswaffen in der Waagschale liegen. Im Grunde genommen wollen alle Beteiligten in erster Linie Sicherheit. Erst durch Sicherheit wird Frieden geschützt. Es gab dazu schon interessante Ansätze in der Friedensbewegung, z.B. mit der Idee eines Übernationalen Friedensschutzes.

Friedensbewegung muss Sicherheitsbewegung werden

Da sich die Nationalstaaten nach wie vor in der Sache schwer tun, sollten sich engagierte Menschen, Weltbürger selbst darum kümmern. Die progressive Friedensbewegung muss unbedingt zur Sicherheitsbewegung werden. Dabei geht es nicht nur um Rüstungsfragen, sondern um alles, was für Sicherheit und Frieden wichtig ist. Diese Perspektive klang bereits 2001 in einem Artikel im Tagesspiegel an. Fazit:

Zitat: Schon immer wurde der Friedensbewegung vorgeworfen, dass sie keine Konzepte formuliert - weder für den Frieden noch für die Sicherheit. Über die Akzeptanz eines möglichen internationalen Gewaltmonopols mag Kristian Golla denn auch nicht sprechen. "Davon sind wir noch viel zu weit entfernt", sagt er. "Aber jede Verbesserung ist gut".

Es wird aber nun langsam Zeit dafür, sonst wird die Friedensbewegung langfristig in der Bedeutungslosigkeit versinken. Es reicht heute nicht mehr aus, lediglich zu demonstrieren. Was sollen die fruchtlosen Protestaktionen z.B. gegen die Münchner Sicherheitskonferenz? Machen wir doch selbst ein Sicherheitskonferenz! Veranstalten wir viele Sicherheitskonferenzen auf allen Kontinenten, die internationale Friedensbewegung eine Weltsicherheitskonferenz! Nein, keine „alternativen“ Sicherheitskonferenzen, sondern tatsächliche. Machen wir den „Experten“ Konkurrenz! Zeigen wir Ihnen wie es geht! Das klingt jetzt vielleicht etwas großspurig, aber es würde heute kein technisches Problem darstellen, z.B. permanente Sicherheitskonferenzen über das Internet einzurichten.

Es braucht lediglich eine gestandene seriöse Friedensorganisation, welche diese Perspektive aufgreift und damit ganz einfach mal im Kleinen anfängt.

Richard Maxheim

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