Ausgleichsabgabe im Sanierungsgebiet "Rosenthaler Platz" Berlin-Mitte    ---- 8. Juni 2012

Erfahrungsbericht für Dr. R.H. mit Bitte um Rückäußerung und Entscheidung

Das Bezirksamt Berlin Mitte setzte für ein ca. 500 qm-großes Miethaus in der Rheinsberger Straße fast 20.000 € Ausgleichsabgabe fest. Das entspricht der 1,5-fachen Jahres-Nettokaltmiete.

In der Begründung heißt es, dass durch die Sanierungsmaßnahmen der Bodenwert gestiegen sei. 

Pikant daran, dass es im BZA-Gutachten heißt, im Falle einer Neubebauung seien nicht mehr 2,45 GFZ, sondern nur noch 2,05 GFZ zulässig, denn das bedeutet für die Wirtschaftlichkeit des Bodens, dass aus weniger Mietfläche mehr Miete erzielt werden müsste. 

Im Wahlkampf hieß es: "Für bezahlbaren Wohnraum!" - Klingt gut, aber wer Ausgleichsabgaben und Steuern abstrakt von Mieterträgen erhebt, forciert exakt das Gegenteil, denn solche Politik verprellt mietpreisgünstige Eigentümer, folglich auch Geringverdiener und Studierende als Mieter.

Für das betreffende Grundstück kam in den Sanierungsgebietsjahren an Belastung hinzu, dass vormals leere Grundstücke gegenüber und hinten sehr hoch bebaut wurden, sich also die Lichtverhältnisse signifikant verschlechterten.

Auch in den allgemeinen Beschreibungen irritiert die Begründung: 

Verringert habe sich der Verkehrslärm, die Parkraumsituation habe sich verbessert, es seien Grünanlagen entstanden.
Leider alles falsch, denn durch die umfängliche Neubebauung ist das Verkehrsaufkommen erheblich größer als zu Beginn des Bemessungszeitraumes, entsprechend knapper der Parkraum, der inzwischen kostenpflichtig wurde, die Grünflächen haben sich durch Baulückenschließung und Eckbebauungen deutlich verringert. 
Auch der Mauerstreifen Bernauer Str. wird von einer Brachfläche inzwischen luxuriös überbaut, so dass auch dort Grün verloren geht. Die Bebauung des Mauerstreifens ist zudem verfassungsrechtlich brisant, denn die dortigen Grundstücke waren von der Rückübertragung aus Gründen des Denkmalschutzes ausgenommen. Wie hoch waren die Erlöse aus dem Verkauf dieser enteigneten Grundstücke? Wurden diese Erlöse in die Ausgleichsabgabenrechnung eingebracht? 
 
Auch falsch ist die Behauptung, dass sich die Einkaufsmöglichkeiten verbessert hätten, was ohnehin nicht erforderlich wäre, denn aus der "Kaufhalle" wurde eine Filiale einer Supermarktkette - und der Bezirk hat sicherlich nicht das Warensortiment bezuschusst.

Wer prüft die Kostenrechnung? Das machen Beamte und Politiker, möglicherweise auch unabhängige Sachverständige, aber sicherlich nicht, indem sie ihren Auftraggebern die Rechnung durchkreuzen. 
Darum: Ohne Prüfung durch die Betroffenen ist das Rechnungswesen Makulatur, denn wann immer Einblicke in die Szene gewonnen werden konnten, war nur aberwitzigste Mittelverschwendung zu beobachten. 

Ein Beispiel: Für eine Verwaltungsangestellte war es günstiger, in eine unserer RheinsbergerStr.-Wohnungen fünfstellig zu investieren, weil der von ihr betreute kommunale Wohnungsbau für sie eine zu hohe Fehlbelegungsabgabe bedeutet hätte. Der Grund: Der kommunale Wohnungsbau ist im Vergleich zu privat finanziertem Wohnungsbau doppelt so teuer, weil fünffach zu hohe Planungskosten und fünffach schlechtere Baubetreuung, denn es geht nicht um das eigene Geld, sondern in die Gegenrichtung: Je höher die Bausumme, desto höher die Einnahmen für die Planer und Entscheider.

Das gleichgroße Nachbargebäude wurde vom Bezirk Berlin-Mitte mit mehr als der doppelten Geldmenge saniert und modernisiert als unser Gebäude überhaupt gekostet hatte. 
- Dabei war unser Gebäude sogar recht teuer, denn auf einer öffentlichen Versteigerung zum Höchstgebot und deutlich über Verkehrswert erworben.
- Die Sanierungs- und Modernisierungskosten hätte sich der Bezirk sparen können, weil wir anboten, dieses Nachbarhaus zum Preis unseres Hauses zu übernehmen. Stattdessen Luxusmodernisierung aus leeren Bezirkskassen.
 
Anderes Beispiel: 

Für ein Objekt in Pankow legte der kommunale "behutsame Stadtsanierer" S.T.E.R.N. ein Sanierungskonzept vor, das 3,2 Mio. DM gekostet hätte. Zwanzig Jahre Mietpreisbindung auch bei Neuvermietung, wenngleich mit Steigerungsschritten. Aber vor allem eine Millionenverschuldung, die mit Kreditbedienung NULL Ertrag für Instandhaltung oder gar für die Einkommenssteuererklärung Erträge gebracht hätte. Die Eigenwirtschaftlichkeit wäre futsch gewesen. 
Wir fragten diese munteren Experten, die offenbar davon leben, dass einer von zehn umworbenen Eigentümern unterschreibt, ob sie solch Konzept einem eigenen Familienmitglied anbieten würden. "Ja" - war die Antwort. Dann bestand ich darauf, dass wir RECHNEN. Und es kam immer nur Minus heraus. Die Experten mühten sich sehr, ihr Erstauen zu unterdrücken und das Resultat für "ganz normal" zu befinden, aber klar war, dass sie noch NIE gebäudewirtschaftliche Rentabilität gerechnet hatten, denn sie sollten mitrechnen und lernten nur langsam.
Der grundsätzliche Rechenfehler war schon, dass sie den Boden- und Vorher-Wert des Sanierungsobjekts nicht berücksichtigten, als sei der NULL, was mich zu der Frage veranlasste, ob sie mir vergleichbare Immobilien zum NULL-Preis besorgen könnten. "Nein", konnten sie nicht. Wie schade und erbärmlich zugleich.

Obzön obendrein: Das Finanzamt hatte wenige Monate zuvor genau das Gegenteil veranstaltet, nämlich den Bodenwert gegenüber dem Gesamtkaufpreis mal einfach verdoppelt, um uns die AfA zu verkürzen. Wir boten spontan an, das Finanzamt könne unsere Immobilie zu diesem "Wert" sofort erwerben, denn wir wollten so reich sein, wie man uns rechnet, aber das fassten die Beamten als Scherz auf und verkannten, wie schlecht ihr Scherz war, zudem mit Erzwingungskraft.

Jedenfalls lehnten wir das S.T.E.R.N.-Sanierungskonzept ab, denn es hätte uns wirtschaftlich auf 20 Jahre enteignet. Wir verbauten statt der 3,2 Mio. DM über viele Jahre verteilt nur 1,4 Mio. DM und hielten seit nun mehr als 20 Jahren die Mieten stabil, haben trotzdem Erträge, die wir dann gern auch versteuern, nichts ins Ausland verschleppten, auch nicht urlaubsweise. Aber über die Ertragssteuern hinaus Abgaben auf fiktive Wertsteigerungen leisten zu sollen, verdirbt die Laune, zumal die Politik einfach mal komplett an den Betroffenen vorbei redet und bekäme im Streitfall auch das Urteil hinzu.
 
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Anmerkung zum obigen Kostenvergleich, denn so dramatisch weist die Statistik den Unterschied zwischen kommunalen und privaten Wohnungsbaukosten nicht aus: Der Kostenvergleich stimmt trotzdem, denn dass es private Finanzierer gibt, die ebenfalls überteuert bauen, weil ihnen das Fachwissen fehlt, was ihnen die Experten dann ausnutzen, ist für den Kostenvergleich irrelevant, auch politisch ohne Belang, denn deren Privatvergnügen bzw. Schicksal.

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Was nun tun im Ausgangsfall des Kostenbescheids? 
Widerspruch einlegen, denn die Begründungen tragen nicht. Allerdings werden Politik und Behörden eisern an ihren Begründungen festhalten, denn damit steht und fällt ihr komplettes Ausgleichsabgaben-Projekt. 

Und dann diese frech-kurze Zahlungsfrist bei einem Betrag solcher Höhe, als läge das Geld nur so herum. Tut es natürlich und muss es auch, aber für Notfälle. Bin hin und her, ob ich ein Fass aufmache, denn viele Eigentümer trauen es sich im Hinblick auf die Verhandelbarkeit nicht.

Rückäußerung per Mail, ansonsten allgemeiner im >> Immobilien-Forum

Fall aus dem Frühjahr 2012: 18.000 € Ausgleichsabgabe zwecks Genehmigung eines Dachgeschoss-Ausbaus, "weil auf dem Grundstück kein Spielplatz gebaut werden kann".

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